20. März 2024

Einer ist nicht genug

Ragna Iwers, Assistenzärztin am Uniklinikum, war eine der ersten Studierenden an der MHB

Das ist ja jetzt schon länger her“, erinnert sich Ragna Iwers. „Wir waren 48, also Mediziner. Weitere 30, die ersten Psychologen, haben zur selben Zeit begonnen.“ Jeder kannte jeden, das blieb das ganze Studium über so. „Wir kannten nicht nur uns, sondern auch die Leitungsebene beim Vornamen. Das war schon sehr besonders.“ Besonders war noch mehr. Schon bei den Auswahlgesprächen sei man gefragt worden, was wohl wäre, wenn mal etwas nicht wie gedacht funktioniere. „Wir waren schon ein bisschen Versuchskaninchen, aber in einem total positiven Sinne.“ Sie alle ließen sich auf das Wagnis ein: völlig neue Hochschule, neu eingerichtete Studiengänge und unbekannte kleine Studienorte in Brandenburg. Der erste kunterbunte Haufen, der 2015 sein Medizinstudium an der neuen Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) begann. Ein „Kolibri-Jahrgang“, wie sie scherzhaft genannt wurden.

Immer und bei allem dabei wäre man gewesen. Zum Beispiel bei den Berufungskommissionen für angehende Professoren. „Die Stellen der MHB waren ja noch nicht mal alle besetzt, als wir mit dem Studieren anfingen.“ Ragna Iwers gehörte zu der Kommission, die Prof. Dr. rer. nat. Stefanie Oess, Professorin für Biochemie und heute Prodekanin für Studium und Lehre, berief und versuchte, in diesem Gremium besonders studentische Aspekte im Blick zu behalten – Lehre beispielsweise und das Auftreten gegenüber Studierenden.
Ich habe während des Studiums das Land Brandenburg auch geografisch kennengelernt“, Ragna Iwers lacht, „wir sind öfter mit kleinen Bussen mit acht Plätzen zu unseren Praktika gefahren, manchmal durch Gegenden, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen“. Von der familiären Atmosphäre an der MHB haben schon viele geschwärmt. Von der Art und Weise, wie in Brandenburg Medizin vermittelt wird, von gemeinsam verbrachter Zeit in Lerngruppen, von Sommerabenden am Neuruppiner See und Skilagern im Winter, die immer Studium und Freizeit in einem waren. „Jeder hat mit ganzem Herzen und Herzblut dringesteckt.“ Ragna Iwers eben auch. Vor zweieinhalb Jahren hat sie das Studium geschafft. Einer der Gratulanten bei der Zeugnisübergabe für den ersten MHB-Jahrgang am 28. August 2021 war Ministerpräsident Dietmar Woidke. Die Veranstaltung moderierte in charmantester Art und Weise Karsten Schwanke, bundesweit bekannter Meteorologe und Fernsehmoderator.

Start in der Anästhesie

Als Assistenzärztin in der Anästhesie am Universitätsklinikum Brandenburg startete Ragna Iwers ihr Berufsleben. „Ein Jahr habe ich das gemacht“, sagt sie, „dann bin ich in die Pädiatrie gewechselt, dort wollte ich immer hin, das war mein Herzenswunsch“. Im Januar beendete sie ihre Rotation auf der Neonatologie/Kinderintensivstation. Die Arbeit sei in der Pädiatrie und der Anästhesie höchst interessant, „jetzt arbeite ich mit Kindern und Erwachsenen, ein schönes Gleichgewicht“. Denn ja, sie wolle in beiden Richtungen ihren Facharzt machen. Einer ist einfach nicht genug. In acht bis neun Jahren sei das zu schaffen, sagt sie. Die Klinikleitung kommt ihr mit einem praktikablen Wechselmodell entgegen, das die abwechslungsreiche Tätigkeit ermöglicht. Ob das zeitlich alles auf die Reihe zu kriegen ist? „Ja, wenn man das will, schon.“ Alle anderen selbst gesetzten Ziele blieben nicht auf der Strecke, „sie dauern schlimmstenfalls etwas länger“. Wie beispielsweise ihre Doktorarbeit, die sich mit „Therapiemöglichkeiten bei akuter Nierenschädigung“ befasst.
Die Doktorarbeit hatte in den vergangenen Wochen Pause. Etwas anderes wurde wichtiger – die Notarztzulassung. Schon in der Anästhesie hatten sie ihre Oberärzte ermuntert, mitzufahren – „Das wäre doch etwas für dich.“ – „Ich hab’s ausprobiert und mich sofort in die Notfallmedizin verliebt.“ Der Spaß an den Einsätzen war von der ersten Sekunde an da, „na und jetzt erst recht. Ich freue mich auf viele fordernde und spannende Einsätze.“ Die werden ganz sicher kommen.

Herz für Studierende

Endlich Ärztin“, sagt Ragna Iwers. Klar. Aber den Bezug zur MHB hat sie nach wie vor, nur nunmehr als Unterrichtende. Sie betreut im Zwei-Wochen-Takt mit je vier Stunden entweder eine POL-Gruppe mit acht Leuten oder das Fach TRIK für eine ebensolche Gruppe. POL steht für Problemorientiertes Lernen, TRIK für Team-Reflexion-Interaktion-Kommunikation. In der POL-Gruppe werden montags Patientengeschichten oder -fälle besprochen und diskutiert. Aus den sich dabei offenbarenden Lernlücken formen sich eigene Lernziele, die freitags ausgewertet werden. TRIK beinhaltet die Schulung von Fähigkeiten im Umgang mit Patienten, zum Beispiel zur Frage, wie schlechte Nachrichten Patienten mitgeteilt werden können.

Zehn Jahre MHB – eine Erfolgsgeschichte. Natürlich profitiert das Universitätsklinikum. Der erste Jahrgang hat vier neue Mitarbeiter gebracht, inzwischen sind durch den zweiten und dritten einige dazugekommen, die sich noch immer gut kennen und im Geist der MHB zusammenarbeiten werden. „Das Gefühl ist schön, beim ersten Jahrgang dabei gewesen zu sein“, sagt Ragna Iwers. „Ich würde es immer wieder machen.

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